Schnappt euch ein Heißgetränk und Snacks eurer Wahl und dann viel Spaß mit dem Interview!
Hallo Philipp,
Danke, dass Du Dir die Zeit für meine Fragen nimmst. Stell Dich doch bitte kurz vor.
Hi Melanie, Danke für die Fragen! Ich bin ein Bochumer Autor und veröffentliche unter dem Pseudonym Blaustein bisher hauptsächlich Fantasyliteratur, aber auch Sci-Fi und Geschichte interessieren mich. Konkret habe ich tatsächlich einen Sci-Fi-Kurzroman als Nächstes in Planung, sozusagen als Trostpflaster bis zu Band II der „Brüdergesänge“.
Magst Du auch Dein Buch kurz vorstellen?
Die „Brüdergesänge aus der Toten Ebene, Im Schatten des gelben Banners“ sind ein Low-Fantasy-Abenteuerroman, inspiriert von den Drei Musketieren von Dumas und Wild West Geschichten. Die Geschichte dreht sich um Tabum bel Hattasu, der von 8 jungen Männern aus der Sklaverei befreit worden ist – und sich deren Blutsbruderschaft anschließt. Bei seiner Befreiung ist einer der Blutsbrüder durch Tabums ehemalige Herren ermordet worden, sodass Tabum, den die anderen „Perle“ nennen, der 8. im Bunde ist. Das langfristige Ziel der Blutsbrüder ist, die korrupten Eliten ihres Heimatlandes „Drachenturm“ zu stürzen, aber kurzfristig wollen sie erst einmal im Exil in der Toten Ebene der einfachen Bevölkerung helfen. Die Gegend ist nämlich vor 20 Jahren von Drachen heimgesucht worden – und dann von Scharen heimatlos gewordener Menschen.
Es gibt also viel zu tun für die Blutsbrüder – und nicht alle teilen ihren Idealismus.
Wie bist Du zum Schreiben gekommen?
Tja, ich denke man müsste fragen: Wie bin ich zum Schreiben zurückgekommen, denn ich hatte im Vorschulalter so viele großartige Geschichten vorgelesen bekommen oder auf Kassette gehört, dass ich schon in der Grundschule versuchte, meine Kenntnisse des Alphabets für kleine Dramen zu nutzen, die sich zwischen meinen Spielsachen zugetragen hatten. Um die Reise abzukürzen: Als ich Anfang 20 war, gab mir ein Mensch, der mir sehr wichtig ist, den nötiger Schubser, um mit dem Schreiben wieder anzufangen. Ich habe lange, viel zu lange an meinem ersten Buch gesessen – aber seit damals habe ich mit dem Schreiben nicht mehr aufgehört. Und das kommt auch nicht mehr in Frage.
Wie kam Dir die Idee zu „Brüdergesänge aus der Toten Ebene“?
Da sind zwei Faktoren wichtig: Einmal führe ich handschriftliche Notizbücher zum Background meiner Welt. „Drachenturm“ hatte ich irgendwann mit 16 einmal als Sitz eines bösen Herrschers erfunden – mit offensichtlichen Parallelen zum Herrn der Ringe. Als ich den Griffel wieder aufnahm, wandelte ich die Figur diesen „bösen Herrschers“ ab, machte sie menschlicher und realistischer – und gab Drachenturm eine echte Geschichte als Soldatenstaat. Und innerhalb dieser Geschichte kam so ein Schneeball ins Rollen von jungen Männern, die sich in kleinen Gruppen zusammen schlossen, um gegen die veralteten Strukturen ihrer Heimat zu protestieren. Und hier kommt der zweite Faktor ins Spiel: Nach meiner ersten Veröffentlichung wollte ich schneller Zwischen-Ergebnisse. Ich hatte Angst davor, 3 Jahre oder länger an etwas herum zu doktern, bevor es irgendwer sonst zu Gesicht bekommt. Deshalb entwarf ich die Brüdergesänge als episodische Erzählung – und das ist auch für alle eine gute Nachricht, die möglichst schnell eine Fortsetzung lesen wollen. Ich will die Episoden nämlich ab 2024 wiederum alle 3-4 Monate einzeln als E-Books veröffentlichen.
Hast Du eine Lieblingsfigur? Wenn ja, welche und warum?
Nein. Ich könnte ein paar Figuren nennen, die mir nicht so viel bedeuten, aber ich liebe meine Protas alle gleichermaßen: Diejenigen, für die ich schon glasklar sehe, wie das Ende ihrer Reise aussehen wird – und diejenigen, für die ich so einen Pfad noch anlegen muss.
Und auch aus dem Ensemble meiner Nebenfiguren könnte ich schwer einen Favoriten rauspicken. Ich kann aber sagen, welche Gefühle und Erwartungen ich mit einzelnen Figuren verbinde: Da wäre einmal Dublan „Dunkelblick/ Blitzschlag“. Diese Figur wird mir noch eine Menge Spaß machen. Das ist ein zugleich sehr lauter und doch sehr stiller Mann. Ich verstecke ja gerne Osterhasen für meine Familie – und so ähnliche Vorfreude empfinde ich natürlich für die Geheimnisse, die meine Figuren mit sich herum tragen.
Diese Vorfreude gilt aber auch Storylines, die ich für „geheimnislose“ Charaktere schon vorgesehen habe und wo ich kaum drauf warten kann, sie zu Papier zu bringen.
Vielleicht noch ein Gedanke dazu: Als Leser:in hat man sicherlich Lieblingsstellen, Lieblingsfiguren, und als Autor:in gibt es, klar, Passagen, die leichter von der Hand gingen als andere. Aber ich möchte nicht sagen: „Den Abschnitt kannst du ignorieren“ oder „Schenk dieser Figur nicht so viel Aufmerksamkeit, die ist nicht wichtig.“ Jeder Figur, der ich irgendwann mal einen Namen gegeben habe, gönne ich auch ihren „Eisberg“ – egal, wie groß oder klein er ist.
[Anmerkung für Leser:innen, die mit dem Term „Eisberg“ nicht vertraut sind: Es geht um die Summe aus allem, was über eine Figur geschrieben ist, und dem ungeschriebenen Hintergrund, den ich über diese ausgearbeitet habe. Das Bild vermittelt die Idee, dass das Ungeschriebene (unter Wasser) im Geschriebenen (Spitze des Eisbergs) angedeutet werden soll bzw. umgekehrt: dass die Spitze des Eisbergs auf dem Ungeschriebenen ruht.]
Autor*innen prokrastinieren ja auch gerne mal, was lenkt Dich ab?
Alles! 😀 Youtube-Videos und Minigames auf dem PC hauptsächlich. Das ist der Teil am Schreiben, unter dem ich wirklich leide. Es gibt Phasen, wo ich einfach nicht schreibe und vielmehr frische Ideen auf mich zukommen lasse – und es gibt Phasen, wo ich längst anfangen könnte zu schreiben, mich aber ablenke. Und da wir nicht im Chemielabor sind, vermischen sich diese beiden Phasen gerne. Aber am Ende des Tages schießt mich eine gute Idee immer aus diesen Stimmungstiefs raus. Und ja, ich möchte das Bild vermitteln, dass ich wie aus einer Zirkuskanone heraus geschossen werde. Das sollen sich Leser:innen bitte ins Gedächtnis brennen.
Wird es noch etwas zur Vorgeschichte (Fall von Ur, Tarnjam, Gründung der Bruderschaft geben?
Auf jeden Fall. Ich hatte verschiedene Ideen. Eine davon war sozusagen ein „nullter Gesang“, aber das fand ich etwas billig. Also die Vorgeschichte um Tårnjam wird immer wieder durch Erinnerungen aufgearbeitet. Möglicherweise kommen die Brüder auch nochmal zum Steinbruch, wo sie den Bruder einst getroffen hatten, mal sehen. Das Schicksal von Ur möchte ich durch eine Vielzahl von Augenzeugen puzzleartig zusammenfügen und auch das Trauma der Überlebenden zeigen. Und in den Ruinen von Ur warten ganz eigene Grauen auf die Blutsbrüder… also das wird uns noch in vielen Abenteuern beschäftigen!
Warum sollten die Leser*innen das Buch unbedingt lesen?
Inhaltlich kann ich mein Buch all denen wärmsten empfehlen, die keinen Bock mehr auf diese „Armee der Anti-Helden“ haben. Ich wollte aufrichtige, gute Protagonisten schreiben, ohne auf dem Pendel ins andere Extrem zu schwingen und total naive Geschichten zu erschaffen.
Davon ab: Wer z.B. beim HdR die Lieder geil fand, für den sind meine Brüdergesänge ein Homerun. 8 Episoden – 8 Lieder. Aber auch für alle anderen dürfte mein Buch sprachlich etwas bieten, was sie unter aktuellen Veröffentlichungen wohl selten finden werden.
Und, last but not least: Dadurch, dass die Episoden der Brüdergesänge selten viel Vorwissen erfordern, eignen sie sich auch gut als Bahnlektüre. Mal so ganz praktisch betrachtet =)
Was inspiriert Dich zu Deinen Geschichten? Hast Du eine bestimmte Schreibroutine?
Zur Inspiration: Alles. Ich denke meinetwegen über eine Situation oder ein Problem aus meinem Leben nach, abstrahiere es, suche nach einem schönen Bild dafür. Oder ein sehr schöner Satz fliegt mir einfach ofenfrisch entgegen!
Aber ein handfester Tipp von mir an dieser Stelle – und zugleich quasi eine Antwort zur Schreibroutine: Bewegung schafft Bewegung. Ich laufe gerne in meiner Wohnung rum, Ideen kommen mir, wenn ich auf dem Postbike sitze oder auch früher oft im Zug. Wenn ich in Bewegung bin, ist auch der Kopf in Bewegung. Und natürlich muss man den Kopf in die richtige Richtung in Bewegung setzen.
Mehrere Buchideen sind mir schon auf die Weise gekommen, dass ich nur einen Titel hatte, dachte „Geil!“ und mir dann vorgemerkt habe, dass ich dazu irgendwann ein Buch haben will.
Aber auch youtube-Kommentare sind für mich eine Schatzkammer an guten Ideen. Inspiration ist auch eine Haltungsfrage: Du musst mit einer bestimmten Offenheit hingehen, dann können neue Eindrücke auch zu Dir durchdringen.
Welche Genres stehen in Deinem Bücherregal?
Geschichte, Dino-Magazine, Lateinische Literatur, Klassiker rund um den Globus, Fantasy,Belletristik, Science-Fiction, Sachbücher, Arbeiten aus meinem Studium (ausschließlich Geschichte, die Studienordnung von Latein ist trash. Falls Leute von der WWU Münster das lesen: Nein, das nehme ich nicht zurück), achja und einige Sprachkurse sowie ein uralter Walkthrough für Pokemon Blau/Rot.
Hast Du einen Wunsch an die Menschen, die Dein Buch lesen?
Hm. Ich will mal sowohl beantworten, was ich mir von den Menschen wünsche, als auch, was ich mir für sie wünsche:
Ich trage diesen Slogan „Geschichten, die bei dir bleiben“ mit mir rum – und das sind keine leeren Worte. Lesen ist eine sehr individuelle Erfahrung. Ich wünsche mir für euch, dass etwas aus meinen Geschichten euch rührt, einen Eindruck hinterlässt, euch das Gefühl gibt, irgendwie ein bisschen gewachsen zu sein.
Naja und von euch wünsche ich mir: Redet über meine Bücher! Redet, wenn es geschehen ist, über das oben Genannte, redet über die Dinge, die euch nicht gefallen haben. Ich will an meinen Werken wachsen. Und wenn ich diesen Wunsch äußere, dann meine ich nicht nur „gebt mir kostenlose Publicity!“ sondern eben auch: „Gebt mir Feedback, gebt mir eine Chance, das Versprechen wahrzumachen: Dieses Buch ist das beste, das ich bisher geschrieben habe – aber mit Abstand nicht das beste, das ich je schreiben werde.“
Herzlichen Dank lieber Philipp, ich wünsche Dir viel Erfolg mit den Büchern!
Ich danke Dir ganz herzlich, liebe Melanie! Für die spannenden Fragen, dafür, dass Du Deine Zeit und Aufmerksamkeit meinem Buch und mir gewidmet hast. Ich hoffe, es hat sich für dich gelohnt und hoffe, wir hören weiterhin voneinander oder begegnen uns mal auf einer Messe!
Schreibe einen Kommentar