Titel: Die Wut, die bleibt
Autorin: Mareike Fallwickl
Verlag: Rowohlt Verlag
Format: Hardcover
ISBN: 9-783-498-002-961
Seiten: 379
Es wird schmerzhaft sein und fies, es wird mir wehtun und euch auch, es wird fiktiv sein und trotzdem wahr.
Mareike Fallwickl
Klappentext
Drei Frauen: Die eine entzieht sich dem, was das Leben einer Mutter zumutet. Die anderen beiden, die Tochter und die beste Freundin, müssen Wege finden, diese Lücke zu schließen. Ihre Schicksale verweben sich in diesem bewegenden und kämpferischen Roman darüber, was es heißt, in unserer Gesellschaft Frau zu sein.
Meine Meinung
Nach „Dunkelgrün fast schwarz“ und „Das Licht ist hier viel heller“ nun „Die Wut, die bleibt“.
Triggerwarnung: Suizid, (sexuelle) Gewalt, Bodyshaming.
Mareike Fallwickls Roman beginnt mit einem Knall, inmitten von Pandemie und Lockdown steht die dreifache Mutter Helene plötzlich vom Esstisch auf und stürzt sich vom Balkon in den Tod. Sie lässt ihre älteste Tochter Lola, ihren Mann Johannes und ihre beste Freundin Sarah zurück. Der Schock sitzt tief, Helene hat schließlich alles zusammengehalten, sie war zuständig für Sicherheit, Geborgenheit, Fürsorge und Liebe. Helenes kinderlose, beste Freundin Sarah findet sich plötzlich als Mutterersatz wieder und übernimmt sämtliche Care-Arbeit, der sich Johannes entzieht. Er muss schließlich arbeiten und das Geld nach Hause bringen. Und Lola? Lola kämpft mit ihren Gefühlen und konzentriert sich auf das stärkste: Wut. Diese Wut kanalisiert sie im Laufe des Buches zunächst in einem Selbstverteidigungskurs.
Der Weg, den Lolas „Gewalt“ geht wurde und wird diskutiert. Aber wo bleibt die Diskussion, der Aufschrei über die Gewalt, die dem vorausging? Was Männer Frauen angetan haben und weiter antun?
So ist das, er ist ein Mann.
Die Wut, die bleibt – S. 249
Ihn hat niemand gelehrt, wie er sich kleiden muss, damit er keine Aufmerksamkeit erregt.
Ihm hat niemand gesagt, dass er nicht im Finstern durch den Park spazieren soll.
Dass er selbst Schuld ist, wenn er es tut.
Er achtet nicht auf seine Umgebung, rechnet nicht mit einer Gefahr, denn er weiß nicht, wie das ist: sich in Gefahr zu befinden.
So ist das, er ist ein Mann.
Die kinderlose Sarah erfährt nun welche Last auf Müttern abgeladen wird, die das Gros an Care-Arbeit alleine tragen. Ihr Freund, der sich in ihrem Haus eingenistet hat, scheint sie nicht groß zu vermissen, ein bisschen Sex und ansonsten ist sie nicht da? Nicht schlimm.
Die Wut kommt beim Lesen, kleine und große Ungerechtigkeiten, Schmerz und Ignoranz machen es nicht einfach, ruhig zu bleiben. Mareike schafft es das alles in Worte zu packen, die innehalten lassen und noch nachwirken. Schmerzhaft, radikal, aber auch kämpferisch.
Ich gehe nicht mit allem mit, was die unterschiedlichen Frauen in diesem Buch tun oder denken, dennoch fühlte ich mich abgeholt und empowert.
Was mich etwas fassungslos zurückgelassen hat, ist tatsächlich das Verhalten von Sarah. Die, fast ohne mit der Wimper zu zucken, Helenes Platz einnimmt und sich um Maxi und Lucius und auch um Lola kümmert. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass dies tatsächlich vorkommt, dass eine Freundin die Mutterrolle übernimmt. Schlussendlich macht aber auch sie eine Entwicklung durch und steht ihre Frau.
„Die Wut, die bleibt“ ist kein Wohlfühlroman, er tut weh und geht teilweise an die Substanz. Ich wünschte, er wäre Fiktion, doch das ist er nicht. So oder so ähnlich geht es in vielen Familien zu. So oder so ähnlich erleben es junge Mädchen und Frauen tagtäglich, überall auf der Welt in verschiedenen Formen. Und das ist es, was wütend macht, was weh tut. Ich hatte zwischendurch das Bedürfnis, das Buch an die Wand zu klatschen.
Mareike Fallwickls Roman „Die Wut, die bleibt“ macht deutlich, dass wir Frauen, würden wir zusammenhalten statt uns gegenseitig fertig zu machen, mehr Macht hätten.
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